Neuland
Rudolf Koch war einer der bedeutendsten deutschen Schriftkünstler des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Er schuf als Mitarbeiter der Gebrüder Klingspor Gießerei Offenbach viele noch heute bekannte Schriften, darunter die Wilhelm‐Klingspor‐Schrift, Kabel und Neuland.
Die vorliegende Schriftprobe aus den frühen 1950er Jahren zeigt die 1923 erschienene Versalschrift Neuland. Sie ist wohl die bekannteste Schrift mit expressionistischen Zügen und erinnert stark an den Holzschnitt — die Buchstabenformen wirken grob und unregelmäßig. Tatsächlich hat Koch die Stempel, ohne vorherige Zeichnung, in einem Schriftgrad selbst geschnitten. Die anderen Grade der Bleisatzschrift unterscheiden sich in Details.*
Dem Expressionismus lag die Idee des unmittelbaren, subjektiven künstlerischen Ausdrucks zugrunde. Daher standen expressionistische Schriften eigentlich im krassen Gegensatz zu mechanisch reproduzierbaren Satzschriften für die industrielle Vervielfältigung. Mithilfe heutiger Techniken wäre die Neuland möglicherweise mit einer Vielzahl alternativer Zeichenformen für alle Buchstaben erschienen. Dank OpenType‐Technik hätte man den expressionistischen Ausdruck durchaus gut simulieren können. In einem lesenswerten Artikel schreibt Florian Hardwig über die formal verwandte Schrift Irrlicht, die sich der Möglichkeiten der OpenType‐Technik auf raffinierte Weise bedient. Die digitale Neuland ist erhältlich bei MyFonts.com.